Das in Weimar ansässige Ensemble Via Nova ist jung, dynamisch und ambitioniert. Seit 2016 spielt es in seiner derzeitigen Besetzung zusammen und konnte seitdem in Tourneen in Deutschland, Polen, Großbritannien, Italien und Südkorea internationale Bekanntheit erlangen: Wie passend also, dass Via Nova in Helmstedt Kompositionen der in Hamburg lebenden Polin Marta Kowalczuk (*1998) und der in Berlin und Amsterdam beheimateten Australierin Andrea Guterres (*1991) präsentieren wird. Die beiden Komponistinnen waren 2023 sechs Monate lang als Stipendiatinnen des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf dem Künstlerhof Schreyahn im Wendland zu Gast. Wie die ländliche Abgeschiedenheit und das Leben im Rundlingsdorf sie inspiriert haben, wird in diesem Konzert im Roxy Kino in insgesamt sechs Werken für Instrumente und elektronische Klänge erlebbar.
Ensemble Via Nova
Neža Torkar (Akkordeon)
Marianna Schürmann (Flöte)
Nikita Geller (Violine)
Daniel Gutiérrez (Cello)
Moritz Schneidewendt (Klarinette)
Andrea Guterres (Gitarre, Komposition)
Marta Kowalczuk (Violine, Komposition)
Crime and Punishment, 2022-2024 (für Streichquartett)
‘Crime and Punishment’ ist eine musikalische Illustration des Dostojewski-Klassikers, die einige Ereignisse abdeckt, die zu dem Mord in Teil 1 führen. In drei Sätzen wird versucht, die psychologischen Qualen des Protagonisten Raskolnikow einzufangen, nachdem er zu dem Schluss gekommen ist, dass der Mord an einem alten Pfandleiher für die Gesellschaft von Vorteil wäre.
Teil Eins - Fever
Teil Zwei - Nightmare
Teil Drei - Nausea
Faust’s Lullaby, 2019 (für Blockflöte und Elektronik)
'Faust's Lullaby' ist ein programmatisches Stück, das den Zuhörer:innen durch Fausts inneren Kampf mit den Mängeln seiner materiellen Existenz führt und gleichzeitig die zeitgenössische Relevanz dieser zeitlosen Geschichte verdeutlicht.
The Windows, 2023 (für Blockflöte, Gitarre und Soundscape)
'The Windows' basiert auf dem gleichnamigen Gedicht von C.P. Cavafy, in dem der Protagonist in einem Raum gefangen ist, der möglicherweise keine Fenster hat. Das Stück stellt diese Metapher in einen zeitgenössischen Kontext. Das sprichwörtliche Fehlen von Fenstern könnte bedeuten, dass die Menschheit sich durch Gier und Egoismus unwissentlich in ihr eigenes selbstzerstörerisches Schicksal verstrickt hat. Vielleicht sind die Fenster aber auch etwas ganz Individuelles. In jedem Fall evozieren die Fenster ein Gefühl des Defätismus, da die Wahrscheinlichkeit ihres Erscheinens ohne jedes Gefühl der Kontrolle oder Vorbestimmung bleibt.
Marta Kowalczuk - ru – ur (2023)
für Flöte und Elektronik
„ru - ur“ (ru - rural, ur - urban) thematisiert den Kontrast zwischen ländlichen und urbanen Klängen. Die Komposition entstand während meiner Residenz im Künstlerhof Schreyahn im Winter 2022/2023. Aufnahmen von Spaziergängen rund um das Dorf wurden den urbanen Klängen der Hamburger Winterlandschaft in der elektronischen Schicht gegenübergestellt.
Marta Kowalczuk - shadows, glimmers, and apparitions (2024)
für 2 Violinen und Viola
Dieses Werk wurde von Alfred Tennysons Gedicht "The Two Voices" inspiriert und reflektiert die existenziellen Konflikte des Sprechers. Durch einen inneren Dialog, der zwei gegensätzliche Stimmen darstellt, wird ein tiefgehender Diskurs über das Leben, den Glauben und die menschliche Existenz entwickelt.
Marta Kowalczuk - Conexiones (2021)
Für Ensemble und Elektronik
Der Titel „Conexiones“ bedeutet auf Spanisch Verbindungen und ist zugleich die zentrale Idee des Stücks. Die Verbindungen treten nicht nur zwischen den Instrumenten auf, sondern auch in Form eines Bezugs zur Natur. Das Werk, eine musikalische Collage, wechselt rasch zwischen verschiedenen Elementen, bleibt aber stets mit dem übergreifenden Thema verbunden. Es ist von südamerikanischen Einflüssen geprägt, insbesondere vom Vogelgesang und dem traditionellen ecuadorianischen Tanz San Juanito.
Diese Werke untersuchen das Zusammenspiel von Natur, urbanen Räumen und menschlichem Bewusstsein, indem sie akustische und elektronische Elemente kombinieren, um eine vielschichtige Klangwelt zu erschaffen, die sowohl physische als auch psychologische Dimensionen des Raums und der Wahrnehmung reflektiert.